HHL-Untersuchung: Portfolio-Unternehmen von Private-Equity-Fonds machen schlechtere Ergebnisse als erwartet / Bewertungen unter Druck
12. März 2024
- Neue Insights
- Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der PE-Fonds haben Restrukturierungs- und sonstige Maßnahmen eingeleitet
- 92 Prozent sehen eine negative Entwicklung der Bewertungen ihrer Portfoliounternehmen
- Frisches Eigenkapital wurde von 57 Prozent der Fonds in ihre Portfolio-Unternehmen eingebracht
„Die PE-Fonds-Manager haben das vergangene Jahr zu optimistisch eingeschätzt“, sagt Prof. Dr. Bernhard Schwetzler, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig, der diese Untersuchung wissenschaftlich geleitet hat. „Damit lagen sie allerdings auf der Linie der meisten Volkswirte: diese haben für 2023 zwar mit einem schwachem wirtschaftlichen Wachstum gerechnet, nicht jedoch mit einer Schrumpfung der deutschen Wirtschaft. Darum waren die verhalten-optimistischen Prognosen der Fonds durchaus realistisch, auch wenn sie sich vielfach nicht erfüllt haben.“
Die wesentlichen Herausforderungen für die Portfolio-Unternehmen: Steigende Finanzierungs- und steigende Personalkosten (das haben jeweils 65 Prozent bzw. 75 Prozent der Befragten benannt), Preisgestaltung (60 Prozent), steigende Einkaufspreise und gleichzeitige Nachfragerückgänge (jeweils 55 Prozent), steigende Energiepreise (50 Prozent) und restriktivere Kreditvergabe (40 Prozent) sowie Lieferkettenprobleme (40 Prozent).
„Neben den operativen Herausforderungen hat sich zusätzlich die Zinsentwicklung negativ auf die Bewertungen der Portfoliounternehmen ausgewirkt“, sagt Bernhard Schwetzler. 92 Prozent der befragten PE-Fonds haben in der Befragung angegeben, dass sich aufgrund der Zinsentwicklungen die Bewertungen negativ entwickelt haben, bei 15 Prozent ‚deutlich negativ‘.
54 Prozent der PE-Fonds haben Restrukturierungs- und sonstige Maßnahmen eingeleitet – als direkte Folge der Inflation
„Wie zu erwarten, haben die Fonds-Manager unmittelbar auf die Herausforderungen der vergangenen zwölf Monate reagiert“, sagt Dr. Martin Schneider, Experte bei FTI-Andersch für Private Equity und einer der Verfasser der Untersuchung. 93 Prozent haben angegeben, durch eine Optimierung des Vertriebs den Umsatz zu verbessern (Preissteigerungen, Marktausweitung), 79 Prozent haben Programme zur Effizienzsteigerung aufgelegt, jeweils rund zwei Drittel (64 Prozent) haben gezielt Fertigungs- und Verwaltungskosten gesenkt sowie aktiv Personal abgebaut. Netto haben die Portfoliounternehmen der Fonds nur in der IT-Abteilung Stellen aufgebaut, in allen anderen Bereichen wurde jeweils mehr gestrichen als neu rekrutiert.
„Der Stellenabbau ist aber nicht das wesentliche Instrument, um die Unternehmen wieder profitabler zu machen“, sagt Martin Schneider. „Das funktioniert heute auch gar nicht mehr: Jeder Mitarbeiter, der heute das Unternehmen verlässt, könnte morgen bereits unwiderbringlich fehlen. Die Zeiten von pauschalen Kahlschlägen sind vorbei, denn der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Und die Manager der Unternehmen denken weiter: Sie machen sich Sorgen, mit der aktuellen Personaldecke weiter wachsen zu können.“ In der Untersuchung haben zwei Drittel angegeben, sich Sorgen oder ‚teilweise‘ Sorgen zu machen, aufgrund der Verfügbarkeit von geeignetem Personal die Unternehmensziele und damit -bewertungen in der Zukunft nicht erreichen zu können.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen hat frisches Eigenkapital zugeführt
Wichtigere Hebel als Personalkürzungen liegen im Bereich der Liquiditätsoptimierung: 79 Prozent der Unternehmen haben dazu das Working Capital optimiert, 57 Prozent haben frisches Eigenkapital zugeführt und die Hälfte hat Investitionen reduziert.
20 Prozent haben angegeben, dass ihr Verhältnis zu ihren Finanzierern jetzt ‚eher angespannt‘ sei. Die Risikoaufschläge für Finanzierungen sind bei 85 Prozent der Befragten gestiegen, davon bei 25 Prozent ‚stark‘. Knapp zwei Drittel (60 Prozent) der befragten Fonds haben ausgesagt, dass Finanzierer größere Zurückhaltung bei der Kreditvergabe signalisiert haben. 40 Prozent sind mit restriktiveren Kreditverträgen konfrontiert.
Bernhard Schwetzler sieht hier künftige Herausforderungen: „Die Zinsentwicklung hat es für Finanzierer wie Fonds schwieriger gemacht. Darum hat Eigenkapital als Mittelzufluss in den vergangenen Monaten eine größere Rolle gespielt – und wird es mutmaßlich auch im laufenden Jahr. Aber auch mit den Finanzierern müssen die Fonds einen Modus Vivendi entwickeln, der sie gemeinsam über die nächsten Monate trägt.“
Die angespannten Verhältnisse basieren nach Rückfrage bei den Umfrageteilnehmern vielfach auf dem Nichterfüllen wesentlicher Vertragsbestandteile seitens der Unternehmen, so genannten ‚Covenant Breaches‘. Martin Schneider sagt: „Die Banken fordern zusätzliche Auswertungen und Kennzahlen. Die Fonds haben aber auch hier unmittelbar reagiert. Knapp zwei Drittel haben in unserer Untersuchung angegeben, sich noch häufiger zur Geschäftsentwicklung mit ihren Finanzierern auszutauschen. Fonds müssen jetzt aktiv Vertrauen aus- und in einigen Fällen auch neu aufbauen.“
Über die Untersuchung:
Die Studie ‚Die Widerstandsfähigkeit der Private Equity-Branche: Auswirkungen von Krisen auf die Leistungsfähigkeit von Portfoliounternehmen im Jahr 2023‘ ist in Zusammenarbeit zwischen der Unternehmensberatung FTI-Andersch und des Centers for Corporate Transactions and Private Equity (CCTPE) an der HHL Leipzig Graduate School of Management entstanden.
Es konnten die Antworten von insgesamt 26 im DACH-Raum beheimateten PE-Fonds zur aktuellen Situation Ihrer Portfolio-Unternehmen ausgewertet werden. Der Fokus lag auf PE-Fonds mit aktiven Portfolios mit mehr als zehn Unternehmen (73 Prozent). Die Umfrage wurde anonymisiert und mit standardisierten Fragen nach akademischen Standards durchgeführt. Leiter der Untersuchung sind Dr. Martin Schneider (Managing Director) von FTI-Andersch sowie Prof. Dr. Bernhard Schwetzler, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig.
Ihr Kontakt
- Dr. Martin Schneider
Managing Director